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Dänemark empfängt uns nicht gerade freundlich. Als wir bei drohend aufziehenden Gewitterwolken schon nach wenigen Kilometern auf Langeland auf einem Feldweg von den Fahrrädern steigen, um uns »wasserdicht« einzupacken, denke ich daran, daß uns diese Situation in der nächsten Zeit vielleicht noch öfter bevorsteht. Es kommt jedoch schlimmer als erwartet. Beim ersten Blitz und Donner direkt über uns baue ich erst einmal in Windeleile die hoch aufragende Signalflagge unseres Kinderanhängers ab. Der zweite Blitz schlägt dann unmittelbar neben uns in einen Hochspannungsmast ein. Als die Oberleitung herunterfällt und funkensprühend auf einer zweiten Leitung liegen bleibt, schnappen wir unsere Räder samt Anhänger und machen daß wir davonkommen. Zum Glück finden wir nicht weit entfernt eine offene Scheune, in der wir mit zitternden Knien erst einmal das Unwetter abwarten.

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Dabei hatte unsere Tour relativ entspannt begonnen. Die positiven Erfahrungen mit unserer jetzt ein Jahr alten Tochter Sina und unserem neuerworbenen Fahrrad-Kinderanhänger auf diversen Tages- und Wochenendtouren hatten uns Lust auf eine längere Urlaubstour gemacht. Das Fehlen größerer Erhebungen ließ uns bald auf Dänemark als Reiseziel kommen. Weil wir uns und unserer Tochter eine mehrstündige Fahrt im Auto nicht zumuten wollten, hatten wir uns entschieden, den Weg von München nach Kiel mit der Bahn zurückzulegen. Trotz aller Befürchtungen konnten wir unsere Fahrräder und das aufgegebene Gepäck komplett und unbeschädigt am Gepäckschalter in Kiel entgegennehmen. Wir hatten dann erst einmal alle Hände voll zu tun, um die gut eingepackten Räder und den zerlegten Kinderanhänger wieder zusammenzubauen. Als wir dann im Nieselregen die vollgepackten Räder samt Anhänger auf die Fähre Kiel-Langeland schieben, bemerken wir so manchen ungläubigen Blick aus den Autofenstern unserer Mitpassagiere.

Das Gewitter verzieht sich zum Glück genauso schnell, wie es gekommen ist, und wir können schon bald wieder weiterfahren. Sina hat die ganze Aufregung am besten überstanden, sie hat ganz einfach die ganze Zeit geschlafen. Entgegen unserer Erwartung ist Langeland alles andere als flach, so daß ich mit dem Gepäck und dem zusätzlichen Gewicht des Kinderanhängers samt Inhalt auf den 25 Kilometern bis Rudkøbing ganz schön ins Schwitzen komme. Karin bemitleidet mich überhaupt nicht, bei dieser Radtour hat sie zum ersten Mal überhaupt keine Mühe, mir jederzeit davonzufahren. Trotz oder gerade wegen des häufigen Auf und Ab auf den Nebenstraßen gefällt uns Langeland jedoch schon am ersten Tag so gut, daß wir das Familienzimmer in der Jugendherberge in Rudkøbing gleich für zwei Tage mieten, um uns auf der Insel noch etwas umzusehen. Dabei zeigt sich das Wetter am nächsten Tag ebenso abwechslungsreich wie die Landschaft. Nach einem kräftigen Schauer verschwinden die Regenwolken genauso schnell wie sie gekommen sind und wir können uns unvermutet schon nach wenigen Kilometern auf einer in der Sonne dampfenden Straße wieder aus den Regenzeug pellen. In Rudkøbing haben wir nach dem Abendessen noch genug Zeit, um uns die Stadt anzusehen. Die zweisprachigen Speisekarten der Restaurants lassen erkennen, daß hier im Sommer mit sehr vielen Touristen zu rechnen ist. Jetzt, Ende August, kann man jedoch in aller Ruhe die kleinen Gassen mit den winzigen Häusern erkunden. Da Gardinen in Dänemark nicht üblich sind, kann man oft direkt in die gemütlich eingerichteten Wohnungen schauen.

Am nächsten Morgen ist der Herbergsvater schon etwas ungehalten, als wir erst gegen halb elf den Schlüssel abgeben, aber wir müssen uns erst noch darauf einstellen, daß wir mit Sina etwas länger brauchen bis wir morgens endlich starten können. Wir folgen jetzt der nationalen Fahrradroute 8 nach Spodsbjerg. Die Fähre nach Tårs auf Lolland will schon ablegen, als wir uns noch an Bord quetschen. Auch diesmal bewähren sich die langen Schnallriemen wieder, mit denen wir unsere Räder im Handumdrehen umfallsicher an der Bordwand festzurren können. Sina hat wieder einmal den Vormittag verpennt und will die Fähre zu Fuß erkunden, anstatt wie wir in der Sonne zu sitzen. Da sie erst seit wenigen Tagen laufen kann, ist sie sehr aktiv, den vergrößerten Wirkungsradius auch auszunutzen. Auf den letzen Kilometern vor Nakskov muß die Federung unseres Anhängers Schwerstarbeit leisten. Zum ersten und einzigen Mal während unserer Tour ist die Strecke, die auf der Karte als gestrichelte Linie eingezeichnet ist, kein bequem zu fahrender Waldweg, sondern ein Schotterweg mit dickem Kiesbelag, in dem unsere bepackten Räder tief einsinken. Auf dem Campingplatz in Nakskov ist es überhaupt kein Problem eine freie Hütte zu bekommen. Ab Ende August ist die Saison in Dänemark schon fast vorbei. Auf der großen Rasenfläche übt Sina dann den ganzen Abend das freihändige Laufen.

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Der nächsten Morgen empfängt uns mit strahlendem Sonnenschein, sodaß wir spontan beschließen einen Stadtbummel- und Strandtag einzulegen. Nakskov hat wie viele kleine dänische Städte eine autofreie Innenstadtzone mit gemütlichen kleinen Gassen. Und wie nicht anders erwartet findet Karin auch bald eine Eisdiele mit dem typischen sahnig-cremigen Eis in frischgebackener Waffel.

Am nächsten Tag folgen wir weiter der nationalen Fahrradroute 8. Dieser Teil von Lolland ist nun wirklich flach und landschaftlich etwas eintönig. Noch dazu hält sich das schöne Wetter vom Vortag leider nicht mehr sehr lange. Die letzten Kilometer bis Maribo legen wir im strömenden Regen bei starkem Gegenwind zurück. Die Veranda und das Innere unserer Hütte auf dem Campingplatz bietet dann auch schon bald nach unserer Ankunft das gewohnte Bild: Jeder freie Platz wird zum Trocknen von Kleidung oder Regenhüllen ausgenutzt. Die einzige, die der Regen überhaupt nicht gestört hat ist Sina. Der "Ritschie" erweist sich auch auf längeren Strecken mit kräftigem Wind als absolut regendicht.

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Aus den Fehlern vom Vortag haben wir gelernt und verlassen deshalb die Route 8. Wie schon vor Maribo, verläuft die 8 auch jetzt zum Teil entlang stark befahrener Hauptstraßen. Wir suchen uns deshalb selbst einen Weg auf Nebenstraßen nach Nykøbing. Die Routenplanung in Dänemark ist eigentlich sehr einfach. Solange man die Hauptverbindungen zwischen den Städten meidet, findet man immer sehr ruhige Nebenstraßen mit wenig bis fast keinem Verkehr und bester Asphaltoberfläche auf dem die Räder, außer natürlich bei Gegenwind, so richtig schnurren. Kurz vor Nykøbing müssen wir dann zurück auf die Hauptstraße, um die Brücke über den Guldborgsund zu nehmen, der Lolland und Falster trennt. Da gerade kein Schiff den Sund passiert, bleibt die riesige Klappbrücke unten und wir können ohne Verzögerung weiterradeln.

Die Jugendherberge in Nykøbing ist noch recht neu, mit großen, freundlichen Familienzimmern. Nachdem Sina endlich im Bett oder besser in ihrer Schlafsack-Kuschelecke liegt, studieren wir noch lange Karten und entwerfen Routenpläne.

Das Frühstücksbufett am nächsten Morgen ist durchaus eines Hotels würdig. Der hervorragende dänische Joghurt hat es besonders Sina angetan. Wir beeilen uns jedoch zügig loszukommen, da heute eine größere Etappe vor uns liegt. Sina hat sich inzwischen an einen für uns sehr bequemen Tagesablauf gewöhnt. Morgens nach dem Start schläft sie erst einmal bis zur Mittagspause. Nach Möglichkeit machen wir eine ausgiebige Rast, um ihr Gelegenheit zu geben, sich ordentlich auszutoben. Nachmittags sitzt sie dann gemütlich in ihrem Sitz, spielt ein bißchen mit dem was sie gerade so in die Finger bekommt oder sieht sich die Landschaft an. Die rythmischen Schaukelbewegungen führen dann oft dazu, daß sie noch einmal ein Stündchen schläft. Da Sina noch relativ klein ist, haben wir ihren Autokindersitz im Hänger montiert, der ihr sehr viel besseren Seitenhalt als die, bei Kinderanhängern sonst üblichen, Stoff-Hängematten gibt.

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In Aussicht auf eine größere Tagesetappe treten wir besonders kräftig in die Pedale und sind bereits gegen Mittag in Stubbekøbing, von wo wir die Fähre über den Grønsund nach Bogø nehmen wollen. Am Fährhafen angekommen kommt es uns schon komisch vor, daß so wenig Betrieb ist und kein einziges Auto am Fähranleger steht. Wir müssen dann leider erfahren, daß die Fähre genau seit heute nur noch werktags fährt. Wir haben also Pech, denn heute ist Samstag und bis Montag wollen wir nicht warten. Jetzt stehen wir am Fähranleger, können über den Grønsund fast rüberspucken, aber kommen trotzdem nicht auf die andere Seite. Die nächste Brücke ist leider eine Autobahnbrücke und daher auch nicht sehr hilfreich. Wir beschließen also die Insel Møn ein anderes Mal zu erradeln und uns dafür Falster etwas näher anzusehen. Auf Radtouren muß man eben flexibel sein und das mit Kindern noch viel mehr. Also suchen wir uns einen Weg auf Nebenstrecken nach Marielyst. Auch hier bekommen wir wieder problemlos eine Hütte für zwei Tage. Diesmal haben wir sogar eine Kochplatte, so daß schon kurz nach unserer Ankunft der Kaffee in den Bechern dampft. Mit zwei Stück Kuchen gestärkt bauen wir unseren "Ritschie" mit wenigen Handgriffen zum Handwagen um, polstern ihn für Sina mit unseren Faserpelzjacken und einem Schlafsack weich aus, und ab gehts zum Strandspaziergang. Im Gegensatz zu den Kinderwagen anderer Eltern, deren Räder tief im Sand einsinken, ist unser Gefährt voll strandtauglich. Nur Sinas Bewegungsdrang hält uns davon ab, größere Entfernungen zurückzulegen. Sie zieht es vor, lieber beschwerlich im Sand zu laufen als bequem gefahren zu werden. So wird der Rückweg dann doch noch zur meterweisen Geduldsprobe. Den nächsten Tag nutzen wir zu einem Strandspaziergang in den Ort, der im Sommer von Touristen ziemlich überlaufen ist. Über fast 10 km zieht sich hier ein breiter Streifen von Sommerhäusern an der Küste entlang. Jetzt wirkt es hier schon fast ein bißchen trostlos. Dazu trägt aber auch sicher der feine Nieselregen bei. An einer fahrbaren Räucherei erstehen wir unser Abendbrot in Form einer geräucherten Lachsforelle. Mit Fisch macht man in Dänemark selten etwas falsch.

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Nach 10 Tagen Erfahrung kommen wir jetzt morgens auch etwas zügiger los, da wir uns jetzt wieder gut eingespielt haben. Das Packen geht dabei am schnellsten, wenn Sina nicht »mithilft«. Zum Glück bietet unser Anhänger trotz des voluminösen Autokindersitzes noch einigen Stauraum, aber mit frisch aufgefülltem Windelvorrat haben wir doch Mühe, alles unterzubringen. Auf dem Weg nach Nakskov zeigt sich das Wetter wieder mal von der besten Seite und wir nützen das aus, indem wir die längere und wohl auch schönere Strecke an der Nordküste von Lolland entlang nehmen. Als wir am nächsten Tag kurz vor Anlegen der Fähre über den Langelandsbælt Sina wieder in den "Ritschie" setzen, spricht uns, wie so oft schon, ein älteres Ehepaar auf unseren Anhänger an. Sie sind ganz begeistert von dem tollen Stück und meinen, das wäre genau das Richtige für ihre Enkel. Hoffentlich vergessen sie nicht, die Eltern der Kleinen zu fragen, ob sie auch bereit sind den Hänger zu ziehen, bevor sie ihn zu Weihnachten verschenken. Dänemark verabschiedet uns am nächsten Tag fast wie beim Empfang. Zwar diesmal ohne Gewitter, aber ansonsten wolkenverhangen und windig. Beim Verlassen der Fähre in Kiel trifft uns das Verkehrsaufkommen fast wie ein Schlag. Schade, das gemütliche Radeln auf ruhigen Nebenstraßen ist erst einmal vorbei. Aber für uns hat sich gezeigt, daß auch mit einem kleinen Kind ein erholsamer Radurlaub machbar ist, auch wenn man es etwas weniger »abenteuerlich« angehen muß.

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Am nächsten Morgen erledigen sich unsere Diskussionen über die richtige Bekleidung durch den einsetzenden Nieselregen sehr schnell von selbst. Ab jetzt befinden wir uns auf dem Rückweg in Richtung Westen. Da endlich einmal nur ein leichter Wind weht, macht das Fahren nach einem Tag Pause trotz Regen wieder richtig Spaß. Wir nutzen die frühe Ankunft in Maribo und die Lage der Stadt direkt am Søndersø-See zu einem ausgiebigen See- und Stadtspaziergang und frischen bei der Gelegenheit auch gleich die Lebensmittel- und Windelvoräte wieder auf. Der Umbau vom Fahrradanhänger zum Handwagen klappt jetzt schon im Handumdrehen. Ein direkt am See gelegenes Restaurant verlockt dazu, uns einmal so richtig verwöhnen zu lassen. Leider hätten wir vorbestellen müssen, so daß wir doch wieder auf eigene Vorräte zurückgreifen müssen. Sina schmeckt die Reis-Auberginen-Eintopfkreation auf jeden Fall hervorragend. Bei ihren Eßmanieren wären wir in dem vornehmen Restaurant wahrscheinlich sowieso etwas fehl am Platz gewesen.

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